13.11.2025
TAS (Target Account Selling): Wie Sie Buying Center systematisch erfassen und mit CRM-Logik steuerbar machen
Diese Serie erklärt 16 bewährte Verkaufsmethoden – jeweils mit dem Fokus, wie sich Prinzipien aus der Vertriebspraxis mit Automatisierung sinnvoll verknüpfen lassen. Nicht um Gespräche zu ersetzen, sondern um Komplexität handhabbar zu machen.
Heute: Target Account Selling (TAS) – ein strukturierter Weg, komplexe Vertriebsprozesse im B2B berechenbarer zu machen.
1. Methode im Überblick
TAS steht für Target Account Selling – ein systematischer Ansatz für Großkunden oder strategisch wichtige Accounts, bei denen mehrere Personen und Abteilungen in die Kaufentscheidung involviert sind.
Kernprinzip:
Nicht der beste Pitch gewinnt – sondern das beste Account-Management. Wer das Buying Center nicht durchdringt, wird am Ende vom Einkauf ausgebremst.
Geeignet ist TAS für mittelständische Unternehmen mit technischen oder konfigurierbaren Produkten, wenn Projekte groß, zyklisch oder politisch werden.
Typisch: Fertigung, Maschinenbau, Medizintechnik, IT-Systeme.
Was TAS von anderen Methoden unterscheidet:
Es geht nicht um Verkaufspsychologie – sondern um saubere Stakeholder-Analyse, Rollenklärung, Informationsarchitektur. Es ist ein Strukturwerkzeug, kein Pitch-Konzept.
2. Denkweise dahinter
Die zentrale Überzeugung:
In großen Accounts gewinnen Sie nicht gegen den Wettbewerb – sondern gegen interne Unsicherheit.
Ein Entscheider allein reicht nicht. Sie brauchen Klarheit über:
Wer entscheidet?
Wer beeinflusst?
Wer blockiert?
Wer unterschreibt?
TAS sieht den Vertrieb als interne Change-Begleitung auf Kundenseite.
Der Verkäufer wird zum Orchestrator. Er erkennt politische Dynamiken, positioniert Informationen richtig – und unterstützt seine internen Fürsprecher gezielt.
Rollenverteilung:
Der Kunde ist nicht ein Ansprechpartner – sondern ein Netzwerk. Der Vertrieb kartiert es.
3. Automatisierungspotenzial
TAS ist ein Paradies für saubere CRM-Logik – wenn man sich die Mühe macht, Rollen, Touchpoints und Abhängigkeiten sauber zu erfassen. Mögliche Automatisierungen:
Stakeholder-Mapping im CRM erzwingen
Kein Deal-Fortschritt ohne mindestens 3 dokumentierte Kontakte mit Rolle (User, Influencer, Buyer etc.)Automatische Aufgabenverteilung nach Rolle
z. B. Wenn „Economic Buyer“ bekannt → Trigger für Angebots-Call
Wenn „User“ aktiv → Technische Unterlage automatisch versendenScoring nach Account-Komplexität
z. B. Je mehr Personen beteiligt, desto höheres Risiko → Deal-Status „strategisch begleiten“Reminder für fehlende Kontakte
Wenn z. B. kein Finance-Vertreter bekannt ist → Aufgabe an Vertrieb: Kontakt suchenFreigabelogik bei Forecasts
Forecast nur erlaubt, wenn Buying Center zu 80 % dokumentiert ist
4. Tool-Tipps / Use-Cases
Custom Contact Properties: Rolle im Buying Center
Objektverknüpfung: Mehrere Kontakte je Deal mit Rollenbezug
Playbook-Funktion: Fragen für jede Rolle → z. B. Technik fragt anders als Einkauf
Workflow: Wenn „Deal Value > 50k“ → Trigger TAS-Mapping-Formular
Deal-Sicht: Kontakte mit Tags wie „Influencer“, „Blocker“, „Legal“, „Approver“
Automation: Aufgabe bei fehlender Rolle → z. B. keine Legal-Abdeckung = Risiko
E-Mail-Vorlagen je Rolle → Inhalte angepasst an Kontext (z. B. ROI vs. Feature)
Campaign Member Roles + Opportunity Contact Roles systematisch auswerten
Reports: Deals ohne Entscheider → Alert
Integration mit Account-Plänen: Wer hat wann was gehört? Wer ist aktiv?
5. Insider-Tipp
TAS stirbt dort, wo Vertrieb auf Einzelpersonen baut.
Viele verlassen sich auf ihren „Champion“ – bis der geht oder blockiert wird.
Mein Tipp:
Führen Sie intern die Regel ein: Kein Forecast ohne dokumentiertes Buying Center.
Mindestens 4 Rollen, idealerweise mit E-Mail, Position, Einflussbewertung.
Das klingt banal – reduziert aber Forecast-Ausfälle deutlich.
Noch besser: visualisieren. Tools wie Miro, Lucidchart oder direkt als CRM-Diagramm (je nach System) machen die interne Lage sichtbar – für Vertrieb, Pre-Sales, GF.
6. Fazit
TAS ist keine Technik für mehr Abschlüsse – sondern für verlässlichere.
Gerade im Mittelstand mit langen Entscheidungszyklen und wachsender Zahl von Beteiligten macht TAS den Unterschied: Wer weiß, mit wem er spricht, gewinnt. Wer glaubt, es reicht „mit dem einen“, verliert leise.
Automatisierung hilft hier nicht beim Überzeugen – sondern beim Dranbleiben, Strukturieren, Absichern.
TAS ist kein Bauchgefühl. Es ist ein Plan. Und Pläne lassen sich abbilden – in Systemen, Prozessen, Routinen.
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