NEAT Selling im B2B – wie Sie wirtschaftliche Relevanz messbar machen und Vertriebszeit sinnvoll priorisieren
von Andreas Renk
Verkaufen mit System – und Automatisierung!
Diese Blogserie stellt 16 etablierte Verkaufsmethoden vor – jeweils mit einem Blick auf das, was wirklich zählt: Wie lassen sie sich im Mittelstand systematisch anwenden, ohne an Substanz zu verlieren? Welche Teile kann man automatisieren, wo braucht es echte Beratung?
Heute geht es um NEAT Selling – ein Ansatz, der bei der Qualifizierung beginnt, aber dort nicht aufhört.
1. Methode im Überblick
NEAT ist ein Akronym für vier zentrale Gesprächs- bzw. Bewertungsfelder:
- Need – Das Problem hinter dem Problem
- Economic Impact – Was kostet es, nichts zu tun?
- Access to Authority – Kommen wir an die Entscheider ran?
- Timeline – Wie dringend ist das Ganze?
Was NEAT Selling von anderen Qualifizierungsmethoden unterscheidet:
Es geht nicht nur um Budget oder Projektstatus. Es geht um Relevanz.
Und zwar aus Sicht des Kunden – nicht des Vertriebs.
Geeignet ist NEAT Selling vor allem für Unternehmen mit hoher Leadmenge, aber begrenzter Vertriebskapazität. Wer zu viele Gespräche führt, die zu nichts führen, sollte hier genau hinschauen.
2. Denkweise dahinter
Die zentrale These:
Ein Lead ist nur dann gut, wenn das Problem wichtig genug ist – und jemand mit Entscheidungsmacht es lösen will.
NEAT zwingt den Vertrieb dazu, nicht auf Formalien wie „Interesse“ oder „Kaufabsicht“ zu schauen – sondern auf die wirtschaftliche Relevanz im Kontext des Kunden.
Die Rollenverteilung?
Der Vertrieb denkt wie ein interner Berater.
Er bewertet gemeinsam mit dem Kunden, ob es sich lohnt, Zeit zu investieren – und wo der Business Case liegt.
Das verändert den Ton. Der Verkäufer pitcht weniger, fragt mehr – und bringt schneller Klarheit.
3. Automatisierungspotenzial
NEAT ist extrem automationsfreundlich – aber nur, wenn man es richtig trennt.
Gespräch bleibt Gespräch. Bewertung und Nachverfolgung sind automatisierbar.
Typische Ansätze im System:
- Qualifizierungsformulare mit NEAT-Logik:
z. B. für Inbound-Leads – aber statt „Budget vorhanden?“ wird nach Auswirkungen gefragt („Was kostet Sie die aktuelle Situation pro Monat?“) - CRM-Felder mit Scoring:
Jeder NEAT-Punkt bekommt eine Bewertung (1–3) → daraus ergibt sich ein Gesamtwert → automatisierte Priorisierung - Trigger für Lead Routing:
Nur wenn „E“ (Economic Impact) und „A“ (Access to Authority) erfüllt sind → an den Vertrieb übergeben
Ansonsten: Nurturing-Strecke - Dashboards für Vertriebssteuerung:
Anzahl qualifizierter NEAT-Leads pro Woche, Durchschnittsscore, Conversionrate - Follow-up-Reminder automatisiert setzen:
z. B. Wenn „T = 6 Monate“ → Aufgabe in 5 Monaten generieren
4. Tool-Tipps / Use-Cases
- HubSpot
- Custom Properties für NEAT-Kriterien
- Workflow: Wenn „Economic Impact > hoch“ UND „Access to Authority = gegeben“ → Zuweisung an Vertrieb
- Lead-Scoring-Regelwerk basierend auf NEAT-Feldern
- Progressive Profiling im Formular: zuerst „Need“, später „Timeline“
- Pipedrive
- Deals mit NEAT-Feldern im ersten Kontakt
- Automatisierter Deal-Tag „Top Lead“, wenn Score > X
- Follow-up-Logik: „T“ wird in Tagen erfasst → Reminder X Tage vor Zielzeitpunkt
- Zapier-Integration zur Priorisierung in externen Tools (z. B. Notion, Trello)
- Salesforce
- NEAT als Bewertungsmodell im Opportunity-Objekt
- Reports über Lead-Qualität pro Quelle, pro Branche
- Automatisierte Alerts bei fehlendem „Access to Authority“ ab bestimmter Stage
5. Insider-Tipp
Das "E" ist das härteste Feld – und das wichtigste.
Viele Vertriebler glauben, sie hätten ein gutes Gespräch geführt, weil der Kunde genickt hat.
Aber wenn niemand den wirtschaftlichen Schmerz benennen kann, ist die Wahrscheinlichkeit für Stillstand enorm.
Mein Tipp:
Stellen Sie 3 konkrete Impact-Fragen als Pflichtfeld – schriftlich.
Z. B. „Wofür verlieren Sie aktuell am meisten Zeit?“ oder „Welche Kosten entstehen durch X?“
Diese Antworten sind Gold wert – für den Vertrieb, fürs Angebot und fürs Follow-up.
Und: Sie lassen sich auswerten.
6. Fazit
NEAT Selling ist eine saubere Methode, um Klarheit in die Vertriebspriorisierung zu bringen – gerade bei begrenzten Ressourcen.
Sie hilft dabei, Leads zu filtern, ohne potenzielle Kunden zu verlieren.
Automatisierung bringt hier echten Mehrwert:
Sie trennt Spreu von Weizen, hält Nachverfolgung zuverlässig am Laufen – und entlastet den Vertrieb von der Qualifizierungsroutine.
Aber: Wer die Methode auf einen Lead-Score reduziert, macht aus NEAT wieder nur ein hübsches Akronym.
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